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Grünes Licht für "Vorarlberg Kodex"

Land Vorarlberg / A. Serra

Bregenz, 07.12.2023 – Bei der heutigen (7. Dezember 2023) Konferenz der Landesflüchtlingsreferent:innen wurde grünes Licht für die als „Vorarlberg Kodex“ bekannt gewordene Vereinbarung, die Asylwerbende nach ihrer Ankunft unterschreiben sollen, gegeben.

Die Prüfung der rechtlichen Umsetzbarkeit fiel positiv aus. Innenminister Gerhard Karner berichtete, dass das Ministerium der Ansicht ist, dass es Möglichkeiten gibt beispielsweise das Taschengeld oder auch Sachleistungen zu kürzen. Das von Sicherheitslandesrat Christian Gantner vorgelegte Modell sieht drei Säulen vor: Werteschulungen, Deutschkurse und ein von der Bereitschaft auf Teilhabe abhängiges Bonus-Malus-System. „Wer bei uns Schutz, Unterkunft und Verpflegung bekommt, soll unserer Gesellschaft auch etwas zurückgeben. Mit dem verpflichtenden Vertrag müssen Asylwerbende sich dazu bekennen“, beschreibt Gantner seine klare Haltung.

Anfang November war es der Vorarlberger Sicherheitslandesrat Christian Gantner, der mit seinem Vorschlag für einen „Vorarlberg Kodex“ bundesweit für Aufsehen sorgte. Seine Forderung, nach der Asylwerbende im Gegenzug zu den erhaltenen Leistungen gemeinnützige Arbeit leisten sollten, stieß österreichweit über die Parteigrenzen hinweg auf offene Ohren. Für Schutz, Unterkunft, Verpflegung und sogar Taschengeld sowie gratis Deutschkurse schon in der Grundversorgung, dürfe man sich erwarten, dass die Kurse auch besucht werden und darüber hinaus aktiv am gesellschaftlichen Leben teilgenommen werde. Das war nicht nur die Meinung von Gantner, sondern der einhellige Tenor. So wird es nun eine Vereinbarung geben, die schon am ersten Tag der Grundversorgung zu unterzeichnen sein wird. Damit soll ein Zeichen der Integrationsbemühungen gesetzt und Verbindlichkeit geschaffen werden. Gleichzeitig wird es bei Nichteinhaltung zu einer Kürzung des Taschengeldes kommen.
Nachdem diese Möglichkeit nun auch vom Innenministerium nach rechtlicher Prüfung bestätigt wird, steht einer raschen Umsetzung des „Vorarlberg Kodex“ nichts mehr im Weg.

Rechtliche Fragestellung geklärt

Auf Grundlage eines einstimmigen Beschlusses der Landesflüchtlingsreferent:innenkonferenz vom September dieses Jahres wurde im Innenministerium geprüft, welche Konsequenzen bei Nichteinhaltung von Vereinbarungen möglich sind. Diese juristische Prüfung kam nun zum Schluss: Taschengeld und Sachleistungen dürfen an Gegenleistungen geknüpft werden. Dies wurde seitens des Innenministeriums bei der heutigen Zusammenkunft der Asyllandesrät:innen berichtet. Landesrat Gantner: „Es ist sehr gut, dass die rechtliche Fragestellung nun grundsätzlich positiv beantwortet wurde. Das ist eine wichtige Grundlage. Wir werden uns nun die rechtliche Argumentation des Bundes genau anschauen und prüfen, welche weitere Schritte es braucht, um hier auch eine rechtlich umsetzbare Vereinbarung zu erarbeiten. Für mich gibt es neben der rechtlichen Ebene aber auch eine moralische Ebene. Denn wir bieten den Menschen Schutz, Unterbringung und Versorgung. Aber gleichzeitig können wir auch erwarten, dass sie etwas für die Gesellschaft leisten, wie es auch unzählige Einheimische tun. Für mich ist das keine Frage von links oder rechts, sondern eine des Hausverstands und der Fairness.“

Bonus-Malus-System

Das Credo „Leistung muss sich lohnen“, das berechtigterweise in vielen Lebensbereichen Anwendung findet, soll auch im „Vorarlberg Kodex“ verankert werden. Wer motiviert ist, der Gesellschaft etwas zurückzugeben und dabei auch die Chance zu nutzen, die gelernten Deutschkenntnisse anzuwenden, kann monatlich bis zu 110 Euro dazuverdienen (in Vorarlberg 4 Euro pro Stunde/max. 27,5 Stunden pro Monat). Weigern sich Asylwerbende hingegen zu arbeiten oder an Kursen teilzunehmen, wird das Taschengeld in Zukunft reduziert. Auch Auswirkungen auf die Gewährung von Sachleistungen bzw. deren Entzug sind vorgesehen. Das hinter der Vereinbarung liegende Bonus-Malus-System erklärt Gantner ganz einfach: „Wer fleißig ist, wird entsprechend entlohnt. Wer sich nicht an Vereinbarungen hält, muss mit den (finanziellen) Konsequenzen leben. Damit gilt gleiches Recht für alle. Denn das ist nicht unhöflich, sondern partnerschaftlich und fair.“ 

Gemeinnützigkeit gewährleistet

Entscheidend sei laut Landesrat Gantner, dass die von den Asylwerbenden geleistete Arbeit dem allgemeinen Wohl zugutekomme und somit jene etwas zurückbekommen, die im unmittelbaren Umfeld leben. Voraussetzung soll sein, dass die Hilfstätigkeiten dem Wohle der Allgemeinheit dienen und/oder sozialen Charakter haben, anlassbezogen sind und keine bestehenden Arbeitsplätze ersetzen oder gefährden. 
Gantner: „Gastfreundschaft ist keine Einbahnstraße, sondern kennt klare Spielregeln, die aus Geben und Nehmen bestehen.“ Möglich soll neben Hilfstätigkeiten für Gemeinden beispielsweise auch die Mithilfe bei Vereinen oder in der Seniorenhilfe sein. Die Entscheidungshoheit, welche Organisationen und Personengruppen in diesem Sinne als gemeinnützig anerkannt werden, soll vor Ort – nämlich auf Grundlage eines Beschlusses im zuständigen Gemeindegremium – entschieden werden. „Die Entscheidung wird dort getroffen, wo sie ihre Auswirkung hat. Damit ist sichergestellt, dass es auch tatsächlich die jeweilige Gemeindebevölkerung ist, die einen positiven Effekt spürt. Das fördert Integration und Zusammenhalt in der direkten Nachbarschaft“, so Gantner.

Auch die Abwicklung soll über die Gemeinden erfolgen. Wenn Gemeinden entsprechende Projekte nicht selbst verwirklichen können, kann auch ein Dienstleister (beispielsweise die Caritas) für die Ausführung beauftragt werden.

Beispiele:
•    Der Gemeinde A ist ein gelungenes Zusammenleben der Generationen wichtig, weshalb die Gemeinde zur Förderung des Gemeinwohls das Projekt „Alltagshilfe für Senior:innen“ durchführt. Anspruchsberechtigt sind Alleinlebende ab einem Alter von 80 Jahren.
•    In der Stadt B ist für die Pflege der Sportstätten der jeweilige Verein alleinverantwortlich. Asylwerbende können beim Rasenmähen oder bei der Instandhaltung der Klubräumlichkeiten helfen. 
•    Gemeinde C legt großen Wert auf die optimale Nutzung landwirtschaftlicher Liegenschaften, weshalb sichergestellt wird, dass kein Fallobst unverwertet bleibt. Asylwerbende verkochen das Obst in der Pfarrhausküche unter Anleitung zu Marmelade.

Werte, Deutsch und Gemeinnützigkeit

Der „Vorarlberg Kodex“ basiert auf drei Säulen: Neben der gemeinnützigen Arbeit zählen Deutschkurse und Werteschulungen dazu, die nun jedenfalls schon ab der Grundversorgung zu besuchen sind. Für Gantner können diese drei Bereiche nur Hand in Hand gehen: „Das Erlernen der Sprache und der hier vorherrschenden Umgangsformen sind unerlässlich. Bei der gemeinnützigen Arbeit kommen die Asylwerbenden in Kontakt mit Einheimischen und können das Gelernte direkt anwenden.“

Umsetzung auf Schiene

Mit der nun grundsätzlich geklärten rechtlichen Umsetzbarkeit und dem Vorliegen eines konkreten Modells soll die Umsetzung nun rasch erfolgen. „Wir werden uns nun die rechtliche Argumentation des Bundes genau anschauen, ob sich die auch mit unseren Rechtsrecherchen deckt. Mir ist es nämlich sehr wichtig, dass wir eine Vereinbarung schaffen, die auch langfristig hält.“, so der Sicherheitslandesrat. Vorarlberg will dabei das erste Bundesland sein und schon im ersten Quartal 2024 ankommende Asylwerbende unterschreiben lassen. „Wie schon bei der Integrationsvereinbarung für Asylberechtigte gehen wir auch hier nicht nur als Ideengeber, sondern auch in der Umsetzung voran und freuen uns, Vorbild für weitere Bundesländer zu sein“, so Landesrat Gantner abschließend.